26.07.2023

10 Jahre nach der Hausbesetzung Bärendelle

Was wäre urbane Kunst ohne Hausbesetzungen?

Was wäre urbane Kunst ohne Hausbesetzungen? Viele kulturelle Räume in allen möglichen Städten sind aus Hausbesetzungen hervorgegangen und noch in den letzten Jahren kam es immer wieder auch im Ruhrgebiet zu Versuchen, neue Freiräume zu erkämpfen. Anlässlich des 10-jährigen Jubiläums der Besetzung und gewaltsamen Räumung der ehemaligen Hauptschule Bärendelle in Essen, haben wir uns im Rahmen einer zweitägigen Veranstaltung im Café Mundgerecht, an diese Impulse in die Stadtgesellschaft erinnert, sie reflektiert und gefeiert.

Am Donnerstag kamen auf Einladung der Bürgerinitiative Bärendelle einige der ehemaligen Besetzer*innen und andere Beteiligte von damals zusammen um die Beweggründe, den Verlauf und die Effekte zu rekapitulieren und auch die heutige Situation zu betrachten. Es gab eine Ausstellung mit Transparenten der Besetzungszeit und Presseartikeln, einige Filmausschnitte der Dokumentation „Das Gegenteil von Grau“ von Matthias Coers und Recht auf Stadt Ruhr, sowie eine Talkrunde auf der „Besetzungscouch“.

In den Gesprächen wurde durchweg positiv auf die Besetzung von vor 10 Jahren und die Initiative, ein Zentrum für Kunst und Soziales im Stadtteil zu eröffnen, zurückgeblickt. Mehrere Hundert Menschen hatten das Anliegen damals unterstützt und das Kulturprogramm und die Demonstrationen rund um die 4 Tage der Hausbesetzung besucht, bevor Stadtpolitik und Polizei den Traum von einem Freiraum mit einem Übertriebenen Aufgebot von Hundertschaften und Räumpanzern zerstörte. Die aktive und solidarische Nachbarschaft gründete daraufhin die Bürgerinitiative Bärendelle und kämpfte noch jahrelang mit vielen kreativen Aktionen für den Erhalt des Gebäudes und einen unkommerziellen Treffpunkt im Stadtteil.

Mittlerweile wurde das Gebäude von Investoren in teure Mietwohnungen umsaniert und der der Bürgerinitiative versprochene Raum der alten Turnhalle im Inneren des Hauses noch immer nicht zur Verfügung gestellt. Ein Jahrzehnt von Hinhaltetaktik und leeren Versprechungen haben zu viel Enttäuschung in der Stadtgesellschaft und der Kulturszene geführt, aber auch zu weiteren Hausbesetzungen und anderen Versuchen, Freiräume aufzubauen. Jede Initiative hat dabei Menschen zusammengebracht und Netzwerke geknüpft, die für eine solidarische Gesellschaft notwendig sind. Sich daran zu erinnern, welche Arten von Freude und Zusammenhalt entstehen, wenn Menschen der Raum eröffnet wird, sich selbst zu organisieren, bleibt enorm wichtig, bevor in Vergessenheit gerät, was für Orte einer Stadt Leben einhauchen.

Am Freitag wurde die Solidarität dann noch einmal ausgiebig mit einer Party gefeiert, bei der die DJs Ezra, Chrischris und Hitsmasher die Verhältnisse zum Tanzen brachten. Wir danken den etwa 100 Besucher*innen an beiden Tagen und dem Café Mundgerecht für den wichtigen Treffpunkt, den sie in einem Stadtteil geschaffen haben, in dem ein soziokulturelles Zentrum immer noch fehlt.