26.07.2012

Holzskulpturen am Museumsbahnsteig

Am 31. Juli 2012 wurden die Holzskulpturen am Museumsbahnsteig demontiert.

Für uns - Ateliers Stark - ist es ein schmerzlicher Abschied, sind die Skulpturen doch mit viel Liebe und beherzten Einsatz von Kettensägen im Herbst 2005 entstanden. Sie bildeten den ersten Abschnitt im Entstehungsprozess des Museumsbahnsteiges am Hauptbahnhof und somit auch unsere erste Arbeit in Oberhausen.

Wie sie wurden....

Im Herbst 2005 schickten wir uns an, den Entwurf für den Museumsbahnsteig in die Tat umzusetzen. Zu Beginn stand ein Spaziergang mit Herrn Halm - dem Förster des Sterkrader Stadtwaldes.
Wir suchten einen Baum mit adäquater Größe: einer, aus dem zwei große Skulpturen auszuarbeiten möglich sein sollte und zudem einen, dessen Zukunft sowieso keine lange mehr sein würde: Die Buche stand geneigt am Wegesrand. Ihre Anwesenheit störte den regen Verkehr von Nordic Walkern. Ihre Tage waren demnach gezählt.

Die Oberhausener Feuerwehr war so hilfsbereit den Transport zu übernehmen. Die Holzstämme wurden zum Rheinischen Industriemuseum gefahren und dort per Kran auf das Gelände des Stadtmodells gehoben.

Die Arbeiten begannen. Maße wurden genommen. Modelle gefertigt. Die Ketten der Sägen geschärft. Aus den drei Holzstämmen mit dem Durchmesser von 1m entstanden die Holzfiguren.

Die Crew bestand aus Christoph Stark, Marzio Capello, Frederic Guille und Jakob Oberhollenzer, Claire Terrien und Agnieszka Wnuczak. Es dauerte ca. zwei Monate bis die Skulpturen ihre endgültige Form erhalten hatten.

Zusätzlich zu den geplanten zwei Figuren entstand auch eine dritte: ein Frauenpaar. Sie steht heute noch - etwas versteckt - im verwunschenem Garten der Direktorenvilla des Industriemuseums.

Anschließend zogen die Skulpturen in die Schlosserei des Industriemuseums, wo sie ihren Anstrich erhielten.


Montage vor Ort


Es war ein aufregender Tag, als die Gießpfannen und die Holzskulpturen auf dem Museumsbahnsteig ankamen. Mit zwei Schwerlasttransportern (beträgt doch ihr Gewicht jeweils 30 Tonnen) wurden die Gießpfannen aus dem Peter-Behrens-Bau mit polizeilichem Begleitschutz hergebracht. Für ihre Aufstellung waren zwei Kräne notwendig.

Seitdem standen sie - "profanen Engeln" gleich, wie Herr Dr. Schleper, der damalige Leiter des Industriemuseums in seiner Eröffnungsrede bemerkte - auf dem Museumsbahnsteig und begrüßten die kommenden und abfahrenden Züge.

»Opfer von Wind und Wetter« so titelte die NRZ am 6.August 2012. Leider.


aus dem Gutachten des Holzrestaurators :

Abbau und die Gründe

"... Der Zugang zur Begutachtung der Figuren erfolgte über eine Leiter, die das Begehen der „Sockelzone“ (etwa 4m Höhe) erlaubte.
 Dort liegt unverkennbar ein massiver Pilzbefall vor, der im Bereich des Sockels (neben den Füßen) bereits zu mehreren vermulmten Holzpartien geführt hat: So ließ sich (stellenweise) ein breiter Faserstift ohne spürbaren Widerstand mehrere cm ins Holz drücken); im Umfeld liegen scheinbar nicht geschädigte Bereiche. Erkennbar sind ausgeprägte Fruchtkörper des Pilzes in folgenden Partien:

Weibliche Figur: Gesicht, Schläfe (linke Seite), Hand (links) und Mantelsaum (links); Männliche Figur: Gesicht (linke Seite), Hand (links), Mantelsaum (links)
Beide Figuren zeigen im Bereich ihrer Sockelzonen (Oberseite) die deutlichsten Abbauerscheinungen; dabei ist die gelbe Figur deutlich stärker betroffen als die blaue.

...
Die farbige Gestaltung der Oberflächen erfolgte mit Acrylfarben (Haupttöne gelb und blau); die Farbe ist heute in Teilen abgewittert, herausragende Partien sind stärker betroffen. Einige Partien (Beine, Pilz befallene Partien) sind beinahe wieder holzsichtig, lediglich geringe Reste der Farben sind in Vertiefungen stehen geblieben.
Um den o. e. Befall zu vermeiden, hätten die Figuren einer jährlichen Inspektion unterzogen sowie die Farboberfläche regelmäßig ergänzt werden müssen.
 Das Gewicht je Skulptur schätze ich auf ca. 0,8 t. Da die Lastabtragung der (insgesamt sehr kompakt und ohne auskragende Gliedmaßen modellierten) Skulpturen auf die Beine (einzeln ausgeformt, erheblich reduzierter Querschnitt) und weiter auf die (partiell destabilisierte) Sockelzone erfolgt, kann ein Bruch derzeit nicht ausgeschlossen werden. Das gilt insbesondere für extreme Verhältnisse wie etwa vom Schlagregen durchnässtes Holz und dem Auftreten plötzlicher Sturmböen.
 Ich rate dazu, die Skulpturen baldmöglichst von ihren Sockeln zu nehmen, um die Gefahr einer Verletzung von Besuchern zu vermeiden. ..."

Erhaltungsvorschlag

"... Im Falle eines Abbaus der Skulpturen stellt sich die Frage, ob bzw. wie ein Ersatz geschaffen werden kann. Die Figuren verleihen dem Bahnhof Oberhausen eine be- sondere Note (gleichsam eine „Landmarke“) und dürften für Reisende einen klaren Wiedererkennungswert besitzen.
Da sie selbst an diesem Platz wahrscheinlich nicht mehr aufgestellt werden dürften, bietet sich die Möglichkeit einer Kopie an, die auch der anwesende Künstler durch- aus befürwortete.
Denkbar wäre zum Beispiel eine Hohlform aus GFK (glasfaserverstärkter Kunststoff) an, welche die Details des Originals mühelos wiedergeben kann. Diese könnte auf einem Metallkern (z. B. Vierkantrohr) unsichtbar befestigt werden.
Die Haltbarkeit einer solchen Kopie zählt nach Jahrzehnten; sie kann selbst dann noch instand gesetzt werden, wenn etwa Farben längst verloren und die Oberfläche deutlich verwittert sein sollte.
Weitere Vorteile sind das geringere Gewicht sowie Resistenz gegen Schädlings-und Pilzbefall und damit eine höhere Sicherheit im öffentlichen Raum.
Vielleicht können die konservierten Originale ja einen Platz im Eingangsbereich des Museums erhalten und so als „prominente Wegweiser“ fungieren. ..."

Norbert Engels, Restaurator