Der Widerruf des Kinderglücks – Albert Cohens "Oh, ihr Menschenbrüder"
Im letzten Jahr erschien mit über einem halben Jahrhundert Verspätung die deutsche Erstübersetzung von Albert Cohens Oh, ihr Menschenbrüder beim ça-ira Verlag. In der autobiographisch gefärbten Erzählung blickt der alternde Schriftsteller auf eine traumatische Episode seiner Marseiller Kindheit um 1900 zurück: Das Kind lernte an seinen zehnten Geburtstag, was es heißt, in einer Welt des Antisemitismus ein Jude zu sein. Totenklage, Anklage und Appell zugleich, bezieht Cohens Text seine Kindheitserfahrung auf die Vernichtung der europäischen Juden.

In unserer Veranstaltung werden zum einen Passagen von Cohens zu Gehör gebracht, ergänzt durch Bilder aus der kongenialen Comicadaption des Charlie Hebdo-Zeichners Luz. Zum anderen beleuchtet Sebastian Tränkle die ästhetischen, philosophischen und historischen Dimensionen von Cohens Erzählung. Wie verhält sie sich zu anderen Versuchen einer Rückbesinnung auf die Kindheit, von Proust über Benjamin bis zu Adorno? Und welche politische Bedeutung kommt Cohens Erzählung in einer Gegenwart des globalisierten Antisemitismus zu?
Sebastian Tränkle ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin (Philosophie). Er arbeitet unter anderem zu Sprach- und Ideologiekritik, materialistischer Ästhetik und negativer Anthropologie. Außerdem schreibt er für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, darunter die Jungle World.
Wann: DO 24.04.2025 // 19.00 h
Wo: kitev-LEERSTAND
Die Veranstaltung erfolgt in Zusammenarbeit mit Dissens Duisburg im Rahmen des Projekts „Gemeinsam gegen jeden Antisemitismus“ von kitev in Kooperation mit dem Theater Oberhausen, der Gedenkhalle Oberhausen und dem Büro für Interkultur der Stadt Oberhausen.
